Dem Zauber der Weihnacht kann sich niemand entziehen. Die einen freuen sich und bereiten sich umfassend auf Weihnachten vor, die anderen fürchten sich vor dem Fest, manche verachten es auch. Weihnachten kann sich niemand entziehen. Es kann reine Freude sein, aber auch Furcht; oder ein seltsames Gemisch von beidem. Im Gegensatz zu allen anderen Festen im Jahr gibt es rund um Weihnachten tatsächlich einen großen Zauber. Der ist wie eine Art Versprechen, das die einen erfreut und die anderen verstört. Und das Versprechen heißt: Friede auf Erden.
Ein großes, ja riesiges Versprechen ist das. Darum kommt es auch nicht von Menschen, sondern von Engeln. Als die Hirten auf dem Feld erschrecken und die Klarheit des Herrn um sie leuchtet, da hören die Hirten dieses Versprechen: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens." (Lukas 2,14) Größer geht es nicht mehr. Und wir hören das und denken vermutlich ebenso wie die Hirten: Wie soll das gehen, wo wir so viel Unfrieden erleben? Wo soll Friede herkommen in einer Welt, die oft so unfriedlich ist?
Das ist die wichtigste Menschenfrage überhaupt, die Frage, die sich sowohl die Liebhaber von Weihnachten stellen als auch die Verächter: Wie soll das gehen mit dem Frieden? Der Zauber des Versprechens ist da. Aber wo ist die Erfüllung dieses Zaubers?
Darauf kann es nur eine Antwort geben. Eine Antwort, die die Engel gleich mit verkünden: Friede kommt allein aus der Verehrung Gottes. Diese Antwort ist mindestens so riesig wie das Versprechen. Und es ist die große Frage, ob und wie wir Menschen dazu in der Lage sind. Wir müssen jetzt gar nicht wissen, ob wir dazu fähig sind. Wir sollten es nur erst einmal ganz genau hören - immerhin sind es ja seltene Engelsworte.
Unfriede kommt oft daher, dass Menschen vor allem ihren eigenen Willen durchsetzen wollen. Das ist manchmal nötig. Aber wenn dieses Durchsetzen auf Kosten anderer Menschen geht, ist es schon weniger schön. Und wir sollten uns fragen: Ist es das wert? Ist unser Wollen es wert, Unfrieden zu stiften?
In dieser Frage verbirgt sich Gott - und ob ich ihm die Ehre geben will. Ist mein Wollen es wert, anderen zu schaden - den anderen, die auch Gottes Kinder sind? Mit der Antwort auf diese Frage beginnt der Friede. Friede hat man nie alleine. Weder in einer Familie noch unter Völkern. Friede ist ein, manchmal mühsamer, Ausgleich von Interessen und vom Wollen. Diese manchmal mühsame Arbeit am Frieden auferlegen uns die Engel in der Heiligen Nacht. Und bitten uns zu bedenken: Worauf kann ich verzichten, um des Friedens willen?
Engel verbreiten die Hoffnung, dass uns dies gelingt: Gott die Ehre zu geben, andere Menschen zu achten und mit ihnen gemeinsam Frieden zu finden. Einen Frieden, der Gott gefällt - und der unserer Welt etwas Zauber schenkt.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit und lade Sie herzlich ein zu unseren Veranstaltungen und Gottesdiensten in der Thomaskirche.
Ihr Pfarrer Reinhard Fischer
